Auch wenn ich keinen koreanischen Background habe, versuche ich mich seit längerem immer wieder an der Herstellung von Kimchi. Der Erfolg war durchwachsen. Einen richtigen Dämpfer erfuhr meine Experimentierfreude allerdings im Herbst vor 2 Jahren: Ich hatte erstmals eine größere Menge hergestellt, die für Monate reichen sollte. Nachdem zunächst alles wie geplant lief, postete ich sogar euphorisch einen Beitrag dazu. Als mir das Ganze einige Wochen später um die Ohren flog (die Gasbildung stagnierte bei der Kühlschranklagerung nicht sondern nahm überhand, der Geruch entwickelte sich in einen komische Richtung, das Kraut bizzelte), habe ich die ganze Ladung vorsichtshalber entsorgt. Zudem musste ich meine Küche nach Kimchi-Überdruck-Disaster grundreinigen. Danach habe ich einmalig in der Geschichte meines Blogs einen Betrag wieder vollständig herausgenommen – das Rezept war ja auch alles andere als nachahmenswert. Da Asia-Märkte bei uns echtes koreanisches Kimchi in ihren Kühlschränken führen, war dieses fortan meine Alternative, sowohl als Banchan als auch als Zutat in kalten oder heißen Gerichten.
Eine Reise nach Korea habe ich zum Anlass genommen, mich erneut mit dem Thema der Kimchiherstellung zu befassen. Dafür habe ich in Seoul einen Kimchi-Kurs bei Jomin besucht.
Und siehe da, es gibt einige Punkte, die mir nicht bewusst waren – z.T. hat die niemand erwähnt, z.T. habe ich sie geflissentlich überhört/überlesen. Einer der wichtigsten Punkte ist: man sollte beim Kohlkimchi vorher wissen, ob es ein „Sofort-Ess-Kimchi“ oder ein „Dauer-Kimchi“ werden soll. Das erstere ist ein perfekter Banchan (Beilage), hat aber eine Haltbarkeit von nur wenigen Tagen und wird somit immer in kleinen Portionen frisch zubereitet. Das zweitere essen selbst Koreaner nicht pur, es wird aber sehr gerne zum Kochen verwendet. Das Dauer-Kimchi braucht eine viel viel viel längere Salzung des Kohls und ist Monate und unter Umständen auch Jahre bis Jahrzehnte haltbar. Mit dem Dauer-Kimchi werde ich mich noch ein Weilchen beschäftigen und dann möglicherweise auch einen eigenen Beitrag dazu posten.
Heute soll es um das schnelle frische Kimchi gehen. Die Zubereitung dauert etwa eine Stunde. Das Kimchi ist sofort servierfähig, schmeckt dem in Korea servierten „Standard“-Banchan sehr ähnlich und ist zudem meines Erachtens leckerer als alles, was ich in Deutschland je bekommen habe (der Dauertestesser ist übrigens der gleichen Meinung). Dieses Rezept ist größtenteils von Jomin übernommen mit wenigen Änderungen (z.B. hatte sie keine Karotten darin). Zu einigen Zutaten schreibe ich gesonderte Erklärungen. Die füge ich unten an. Mengenmäßig ist das eine kleine Portion, die gut sofort oder in wenigen Tagen gegessen werden kann.
Aufbewahrungsgefäß: Gefäße, in denen Kimchi gelagert wird, sollten gegen Salz und Säure unempfindlich sein. Da es sich bei Kimchi um ein sehr geruchsintensives Produkt handelt, ist für die Aufbewahrung im Kühlschrank zudem unbedingt ein nicht nur luft- sondern aromadichtes Gefäß zu wählen. Das kann sicher mit manchen Gläsern gut funktionieren. Ich selbst habe nach dem Debakel vor 2 Jahren immer noch kein gutes Gefühl bei hohen schmalen Gefäßen und Kimchi, so dass ich mir von Maangchi abgeguckt habe, Plastikdosen dafür zu verwenden. Die von mir extra zur Kimchiaufbewahrung erworbenen Plastikdosen (eines koreanischen Herstellers, und die sollten ja diesbezüglich wissen was sie tun) erfüllen ihren Zweck bisher hervorragend.
Zutaten:
350 g Chinakohl
25 g grobes Meersalz
1-2 möglichst feine Frühlingszwiebeln
ca. 20 g Karotte
ca. 40 g einer (möglichst süßen) Zwiebel
2 Knoblauchzehen
25 g (≈ 2 EL) Gochugaru (s.u.)
12 g (≈ 1,5 EL) Zucker/Sirup (s.u.)
25 g (≈ 0,75 EL) gesalzene kleine Shrimps (s.u.) ersatzweise Meersalz
12 g (≈ 1,5 EL) Fischsauce ersatzweise Meersalz
1,5 TL geröstetes Sesamöl
1,5 TL geröstete Sesamsamen
Zubereitung:
Die Chinakohlmenge entspricht etwa einem halben mittelgroßen Kopf (die Mengen auf den Fotos sind zum Teil größer). Den Chinakohl von schadhaften Blätter und Strunk befreien und zunächst halbieren.
Dazu nicht den gesamten Kohl durchschneiden, sondern nur das untere Drittel und den Rest zur Spitze hin aufreißen.

In gleicher Methode die Kohlhälften in Viertel aufteilen (wenn ein ganzer Kohl verwendet wird, ansonsten die nicht benötigten Anteile anderweitig verarbeiten oder aufbewahren).

Das Aufreißen hat den Effekt, dass es deutlich weniger zu kleine Stückchen von den feinen Blattspitzen gibt im Vergleich zu dem in ganzer Länge aufgeschnittenen Kohl. Danach die festen Blattrippenteile und die feinen Blattanteile voneinander trennen. Die feinen Blattanteile in mundgerechte Stücke zupfen oder schneiden und in eine Schüssel geben.
Die festen Kohlstücke ebenfalls in mundgerechte Stücke schneiden, dabei eine schräge Schnittrichtung anstreben um möglichst große Schnittflächen zu haben.

Diese Kohlanteile in eine große korrosionsbeständige Schüssel geben und (am besten mit den Händen) mit der Hälfte des Salzes vermischen, dabei nicht quetschen oder drücken – wie zum Teil empfohlen wird – sondern einfach nur gut durchmischen.

Mindestens 15 Minuten ziehen lassen und dabei von Zeit zu Zeit durchmischen. Danach die feinen Kohlteile und den Rest des Salzes hinzufügen und erneut durchmischen. Weitere (mindestens) 15 Minuten ziehen lassen, von Zeit zu Zeit durchmischen. Den Kohl drei Mal im klaren Wasser waschen. Dabei jeweils mit den Händen aus der Schüssel in ein Sieb heben, damit die auf den Boden abgesunkenen nicht aufgelösten Salzanteile und möglicher Dreck nicht immer wieder mit ins Sieb und somit zurück in den Kohl gelangen. Den Kohl abtropfen lassen.
Währenddessen die Karotte und das Zwiebelstück in jeweils feine Streifen schneiden. Die Knoblauchzehen im Mörser zerstampfen oder sehr fein würfeln. Die Frühlingszwiebeln in etwa 5 cm lange Stücke schneiden und wenn nötig auch noch längs spalten.
Chiliflocken, Zucker, Shrimps, Fischsauce und Knoblauch in eine große Schüssel geben und mit der Hand (jetzt ist wegen der Chiliflocken ein Handschuh dringend empfohlen) vermischen. Dann Zwiebel- und Karottenstreifen dazugeben und alles gut miteinander verkneten. Den Kohl hinzufügen und alles miteinander so lange vermischen, bis alle Kohlstückchen gut rot überzogen sind. Die Frühlingszwiebeln dazugeben und vorsichtig untermischen. Das Sesamöl untermischen. Den Teil, der sofort gegessen wird, in eine Schüssel / auf einen Teller geben und mit Sesamsamen bestreuen. Den Rest in ein luftdicht verschließbares Behältnis geben, gut andrücken und in den Kühlschrank geben. Innerhalb weniger Tagen verzehren.

Um Kimchi zu essen, muss nicht unbedingt Reis oder ein ganzes koreanisches Menü gekocht werden, es passt auch hervorragend zu einer deutschen Bratwurst.

Gochugaru 고추가루 (koreanische Chiliflocken): Sind durch nichts anderes zu ersetzen, wenn man Kimchi machen will. Wie scharf man das Kimchi mag ist Geschmackssache, netterweise gibts Gochugaru in verschiedenen Schärfegraden (zugegeben ist in Deutschland vor allem eine sehr milde Variante im Verkauf). Ich lese in Rezepten deutschsprachiger Kochblogger etwas zu häufig, man brauche die koreanischen Flocken nicht unbedingt, man könne sich eine eigene wilde Mischung aus diversen anderen Chilisorten kombinieren. Dem kann ich nicht laut genug widersprechen. Gochugaru hat eine eigene Art Schärfe, die ganz andere Rezeptoren anspricht, als z.B. Cayenne-Pfeffer oder Jalapenos. Diese Flocken sind aber auch viel viel viel fruchtiger und geschmacksintensiver als jede andere Chilisorte, die ich jemals probiert habe. Und zu guter letzt ist (wenn man die richtige Sorte wählt) der grobe Mahlgrad optimal auf Kimchi abgestimmt. Wer rotes Kimchi machen will, sollte dringend Gochugaru ausprobieren – wenn es vor Ort keinen Asialaden geben sollte, hilft der Versandhandel.
Fischsauce: Die koreanische Sardellensauce/Anchovissauce 멸치액젓 ist in Deutschland sehr schwer zu bekommen: ich habe sie bisher nicht im Kühlschrank, so dass ich – wie im Westen ansässige Kochbuchautoren koreanischer Küche auch – ersatzweise auf eine gute Thai-Fischsauce ausweiche.
Saeujeot 새우젓 (kleine eingesalzene Shrimps): Diese Zutat habe ich bisher in den Rezepten wohl geflissentlich überlesen. Denn retrospektiv sehe ich sie in vielen Rezepten aufblitzen, die ich definitiv bereits studiert hatte. Ich hatte im Vorfeld Angst davor, dass Sie penetrant fischeln würden – wie getrockneter oder fermentierter Fisch. Als Jomin sie uns vorstellte, probierte ich einige davon pur und war erstaunt, dass sie nur minimal fischig schmecken, weniger als z.B. ein Meeresfrüchtesalat. Sie scheinen im Kimchi aber für eine Tiefe zu sorgen, dass es definitiv sofort nach einem fermentierten Produkt schmeckt und nicht nach einem kurz zusammengerührten Salat. Diese Shrimps gibt es in manchen Asialäden. Normalerweise werden sie im Kühlschrank aufbewahrt, in Asialäden mit wenig koreanischer Kundschaft findet man sie aber manchmal im Tiefkühlfach. Das Tiefkühlen scheint denen nicht wirklich zu schaden, „einzeln entnehmbar“ sind sie gefroren allerdings nicht, so dass das ganze Glas aufgetaut werden muss. Wie lange sie nach dem Auftauten haltbar sind, kann ich nicht sagen.
Wer für das Kimchi keine Fischsauce und/oder Shrimps verwenden will, kann statt dessen Meersalz verwenden, allerdings nicht „1 zu 1“ sondern deutlich weniger. Die genau Menge muss man letztlich abschmecken.
Zucker: Jomin spricht in ihren Rezepten wie auch andere Rezepteschreiber von Zucker. Im Kurs haben wir einen koreanischen Zuckersirup verwendet. Den habe ich hier bisher nicht gefunden und stattdessen den bei mir im Schrank befindlichen Agavendicksaft verwendet.
Ingwer: Dieses Kimchi kommt gut ohne aus. Irgendwo habe ich kürzlich auch gelesen: Es gibt kein zu wenig Ingwer im Kimchi, aber schnell mal zu viel.