Alltags-Brot mit Sauerteig

Es gibt bezüglich Sauerteig mittlerweile eine schier unüberschaubare Menge an gedruckten Backbüchern und Online-Ratgebern/Blogs/Kursen. Ich habe beschlossen, mich wie vor gut zehn Jahren an Peter Reinharts Anweisungen aus seinem „artisan breads every day“ zu halten: er holt mich als Laie ohne Ambitionen bezüglich einer Bäckerkarriere ganz am Anfang ab und erklärt trotzdem genug, damit es bei mir klappt. Ich war damals – als ich mir das Buch vor zehn Jahren schenken lies – von seinen Zimtschnecken und Bagels so begeistert, dass ich dem Sauerteig auch eine Chance gab. Auch wenn der Sauerteig damals zu gedeihen schien, meine Brote schmeckten aus verschiedentlichen Gründen sehr „hausbacken“ – und das nicht im positiven Sinne („wie damals bei Oma“), sondern eher mehr gewollt als gekonnt („ja, schmeckt man, dass es selbst gebacken ist“). Deswegen hatte ich dem Brotbacken für Jahre den Rücken gekehrt.
Backen ist weiterhin ein Prozess, der für mich eher mit Stress als mit Zen verbunden ist. Ich fühle keine Einheit mit dem Teig und finde es nicht beruhigend, in einer Schüssel mit Mehl herumzurühren (dass es anderen da anders geht, lese ich regelmäßig). Aber ich esse zu gerne, um schlecht zu essen – und ich liebe Brot.
Nachdem ich nun einige Weißbrotrezepte mit Hefe als alleiniges Triebmittel erfolgreich und reproduzierbar meistere, habe ich mich doch wieder an Sauerteig getraut. Und nun wohnt Herbert in unserem Kühlschrank – ein fester Sauerteig aus 1150er Roggenmehl. Ich habe beschlossen, dass er ein Roggensauerteig bleibt.


Das erste Brot, das ich mit dessen Hilfe gebacken habe, hat es unmittelbar in unsere Hall of Fame geschafft. Als Rezept habe ich mir Reinharts „San Francisco Sourdough Bread“ rausgesucht. Wenn ich es richtig verstehe, wäre es normalerweise ein sehr weißes Brot. Ich habe als Mehl aber zu 100% 1050er Weizenmehl verwendet.


Das Ergebnis schmeckt nach einem guten Mischbrot. Mein Dauerversuchskaninchen fühlt sich an die Kindheit und die Tage bei Oma erinnert. Mich erinnert es an die Ruchbrote, die ich in Schwyz gegessen hatte. Es hat nichts mehr mit „hausbacken“ zu tun, es sieht zwar nicht ganz gleichmäßig aus, riecht und schmeckt aber um Welten besser als die Aufbackbrote, die in den modernen Backshops zu erwerben sind. Und erstaunlicherweise war es auch nach einer Woche noch absolut essbar. Peter Reinhart stellt zwei Versionen dieses Rezeptes vor: ein „purist“ als reines Sauerteigbrot, und ein „mixed method“ unter Zuhilfenahme von Hefe. Ich habe mich bisher für das zweite entschieden, unter anderem da Herbert noch jung ist und ich sicher gehen wollte, dass das Brot dennoch gut aufgeht.

Zutaten (für ein großes Brot):
60 g Sauerteig (fest, Roggen)
540 g (140g + 400g) Wasser
800 g (225 g + 575 g) 1050er Weizenmehl
18 g Salz
7 g Trockenhefe
Gries/Semolina zum Ausstreuen

Zubereitung:
Vorteig:
Die letzte Sauerteigfütterung sollte nicht länger als 5 Tage zurückliegen. Der Sauerteig selbst kann für dieses Rezept direkt aus dem Kühlschrank oder zimmerwarm verwendet werden. Sauerteig mit 140 g Wasser (Zimmertemperatur) und 225 g Mehl vermischen und verkneten. In eine saubere Schüssel geben und abgedeckt ca. 6-8 Stunden bei Zimmertemperatur gehen lassen, bis sich das Volumen mindestens veranterthalbfacht. Dann für bis zu 3 Tage in den Kühlschrank stellen. Oder bei Zimmertemperatur gehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt und sofort den Brotteig herstellen.


Brotteig:
Den Vorteig mit 400 g handwarmem Wasser (ca. 35°C) in die Rührschüssel geben und mit einem Löffel oder Rühraufsatz der Maschine etwa 1 Minute rühren, damit sich der Vorteig lockert. Übrige Zutaten hinzugeben und in 2 Minuten zu einem klebrigen Teig verkneten. Sollte der Teig allzu nass wirken, noch minimal Mehl hinzugeben; sollte er zu trocken wirken, etwas Wasser nachgeben. Den Teig 5 Minuten ruhen lassen, dann auf mittlerer Stufe ca. 5 Minuten kneten lassen oder von Hand kneten.

Den Teig zu einem Ball formen und ohne Abdeckung 10 Minuten ruhen lassen. Dann mit der Stretch-and-fold – Methode dehnen, wieder zu einem Ball formen und abgedeckt 10 Minuten ruhen lassen. Erneutes Stretch-and-fold, den Teig wieder zu einem Ball formen, in eine leicht geölte Schüssel geben, die mindestens das doppelte Volumen des Teiges hat, schließen bzw. abdecken und sofort in den Kühlschrank geben.


Dort mindestens über Nacht oder bis zu 3 Tagen gehen/ruhen lassen.


Am Backtag:
Den Teig etwa 2 Stunden vor dem geplanten Backen aus dem Kühlschrank holen.


Auf einer gering eingemehlten Oberfläche in die gewünschte Form bringen (oder auch in mehrere kleinere Brote teilen und formen) und in ein gut mit Gries/Semolina ausgestreutes Gärkörbchen mit Schluss nach oben geben.


Abdecken und ca. 2 Stunden an einem warmen Ort gehen lassen, bis sich das Volumen in etwa veranderthalbfacht. Nach ca. einer Stunde den Ofen mit Backstein/Pizzastein auf 260°C Ober-/Unterhitze vorheizen.


Unmittelbar vor dem Backen: eine Sprühflasche mit Wasser bereitstellen. Eine feste (und hitzeresistente) Unterlage mit Gries/Semolina bestreuen und das Brot vorsichtig darauf stürzen, mit einem sehr scharfen Messer mehrfach ca. 1 cm tief einschneiden.


Das Brot in den Ofen „einschießen“: mit Schwung von der Unterlage auf den heißen Stein befördern. Mit der Sprühflasche einige Sprühstöße in den Ofen geben und sofort die Backofentür schließen. Die Temperatur auf ca. 220°C reduzieren und das Brot etwa 60 Minuten backen (wenn kleinere Brote gebacken werden sollen: eher höhere Temperatur und geringere Backdauer wählen).
Das Brot aus dem Ofen holen und auf einem Gitter mindestens 1 Stunde abkühlen lassen.

guten Appetit!

3 Antworten auf „Alltags-Brot mit Sauerteig

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