Der Ochsenschwanz hat vor Jahren erstmals Einzug in meine Küche gefunden: er wurde mir an der Metzgertheke als Grundlage einer Rinderbrühe empfohlen. Ich war erstaunt, wie reichhaltig und geschmacksintensiv die Brühe wurde. Mit der klassischen Ochsenschwanzsuppe hatte ich lange keine Berührungspunkte, bzw. ich kannte sie zwar vom Namen her, konnte mir aber nichts Leckeres darunter vorstellen. Als ich im vergangenen Herbst meinen aktuellen Rindfleischlieferanten fand, war für mich ein ausschlaggebender Punkt, dass sein Nose-to-Tail-Ansatz nicht nur theoretischer Natur ist, sondern sich in seiner regulären Fleischtheke finden lässt. Unter anderem hat er sowohl Nierenzapfen als auch „Ochsenschwanz“ regulär und regelmäßig im Angebot, nicht nur auf Bestellung als Sonderwunsch. Auf jeden Fall brachte mich das auf die Idee, die „klassische“ Ochsenschwanzsuppe kochen. Zunächst fand ich kein Rezept, das mich so recht ansprach. Dann sah ich eher aus Verzweiflung in meine alten Kochbücher und fand dort doch was ich suchte. Im Buch All Colour Cooking von Robin Howe aus dem Jahr 1980 (ich hatte es vor etwa 15 Jahren in einem Londoner Antiquariat für 50 Pence erstanden) gibt es ein Rezept, das eine deutsche Ochsenschwanzsuppe sein soll. Ich wandelte es geringfügig ab und habe nun ein Rezept, das ich immer wieder kochen will und laut Dauertestesser auch soll.
Zutaten (ergibt etwa 6 große oder 10 kleine Portionen):
1 kg Ochsenschwanz
350 g Zwiebeln (geschält)
230 g Karotten (geschält)
400 g Staudensellerie (geputzt)
50-70 g Butterfett (oder ein anderes hocherhitzbares Bratfett/-öl)
150 ml Shaoxing Rice Wine (oder Sherry, Madeira, Port, Marsala)
1 EL Mehl
1 TL Zucker
Salz
schwarzer Pfeffer
süßes Paprikapulver
Chili bzw. Cayennepfeffer
Zubereitung:
Zwiebeln, Karotten, Staudensellerie jeweils würfeln.
In einem Topf mit schwerem Boden einen Teil des Butterfettes kräftig erwärmen, die Ochsenschwanzsstücke darin von mindestens 2 Seiten scharf anbraten und wieder herausheben.
Die Zwiebelwürfel in den Topf geben und bis zur Glasigkeit dünsten, dabei evtl. mit einigen EL Wasser ablöschen, um das Anhaften am Topfboden zu beenden. Dann die Hitzezufuhr wieder erhöhen, das restliche Butterfett und die übrigen Gemüse hinzufügen und unter Rühren etwas anrösten / Farbe annehmen lassen. Das Gemüse mit dem Mehl bestäuben und auch das Mehl etwas anrösten lassen. Mit 100 ml Reiswein ablöschen und den Bodensatz im Topf loskochen. Dann ca. 1,5 Liter Wasser hinzugeben, die Ochsenschwanzsstücke zurück in den Topf geben, die Gewürze unterrühren. Den Topfinhalt zum Kochen bringen, dann die Hitze reduzieren und den Topfinhalt für mindestens 2 Stunden unter gelegentlichem Umrühren leise köcheln lassen. Wenn es sich um ein junges Tier gehandelt hat, kann die Suppe bereits nach 2 Stunden fertig sein – wenn man mit einer Gabel ohne Anstrengung das Fleisch vom Knochen lösen kann, ist es so weit. Bei einem älteren Tier kann es auch gut 4 Stunden oder länger brauchen, bis dieses Stadium erreicht ist. Nun die Ochsenschwanzsstücke aus der Suppe heben, auf einen Teller geben und kurz abkühlen lassen. Währenddessen die Suppe abschmecken. Das Fleisch z.B. mit Hilfe zweier Gabeln von den Knochen lösen und in mundgerechte Stücke reißen.
Dann das Fleisch und den restlichen Reiswein in die Suppe geben, nochmals aufkochen und servieren. Dazu kann man gut eine Scheibe Sauerteigbrot oder Roggenbrot reichen, natürlich auch ein (warmes) Brötchen. Laut Buch wird es in Deutschland auch mit Macaroni serviert – das erinnert mich allerdings eher an die in Hongkong verbreiteten Frühstückssuppen. Die Suppe lässt sich übrigens sehr gut portionsweise einfrieren für ein schnelles Abendessen unter der Woche oder für ein Mitagessen am Arbeitsplatz.

(die reichlichen Fleischstücke sind fotoscheu und verstecken sich am Boden der Schüssel)




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